80/20: Wie du als Agenturgründer deine Agentur für dich arbeiten lässt

Du bist erfolgreich mit dem, was du tust. Deine Agentur hat eher zu viel als zu wenig Arbeit.

Wahrscheinlich bist du in deine jetzige Situation eher reingestolpert, als dass du einen konkreten Business Plan verfolgt hast. Diplomatisch könnte man von organischem Wachstum sprechen, realistischer ist jedoch eher die Formulierung “unstrukturiertes Wachstum”.

Das ist total okay, denn der Erfolg gibt dir recht. Du kannst dich und euch erstmal dazu beglückwünschen, was ihr bis hierhin geschaffen habt. Jedoch bist du noch nicht zu 100% zufrieden, sonst würdest du wahrscheinlich nicht diesen Artikel lesen.

Vielleicht arbeitest du zu viel oder warst als Gründer schon lange nicht mehr im Urlaub, und wenn dann trotzdem immer nervös und auf Abruf. Vielleicht beschäftigt ihr euch zu viel mit Dingen, die eigentlich gar nicht relevant sein sollten. Vielleicht benötigen unzufriedene Kunden und Mitarbeiter zu oft kurzfristige Aufmerksamkeit.

Ist auch ganz normal, die Arbeit bei einer Agentur ist halt immer stressig… oder? Das ist zumindest ihr Ruf.

Das Problem damit ist, dass eigentlich niemand Lust hat sein ganzes Arbeitsleben in einem stressigen Arbeitsumfeld zu verbringen. Entsprechend hoch ist die Fluktuation von Mitarbeitern in Agenturen.

Als Gründer kannst du jedoch nicht einfach den Job wechseln. Wenn du in der jetzigen Situation einfach hinschmeißen würdest, wäre das wahrscheinlich das Ende eurer Agentur.

Und was bleibt dann? Die Jahre und den Stress, den du reingesteckt hast, würde verpuffen. Warum solltest du also deine Energie in den Aufbau einer Agentur stecken und nicht lieber in ein Geschäftsmodell was weniger Stress bedeutet und somit langfristiger angelegt werden kann?

Als Gemeinheit kommt noch hinzu, dass sich dieser Umstand scheinbar nur noch verschlimmert, je erfolgreicher man als Agentur ist. Mehr Projekte brauchen mehr Mitarbeiter, die wiederum mehr Führung benötigen.

Es ist eine “Erfolgsfalle”, die man sich unwissentlich selbst gelegt hat. Durch deinen Erfolg hat sie zugeschnappt und je erfolgreicher ihr werdet, desto enger packt sie dich. Üblicher ist das gedankliche Bild des Hamsterrads.

Ich hoffe, du denkst dir jetzt: Das ist doch ein ganz falsches Denken! Wenn ich keine Lust mehr habe, kann ich meine Agentur zum Beispiel einfach verkaufen. Ob der Verkauf so einfach ist, kann man sicherlich diskutieren, doch bist du schon genau auf dem richtigen Pfad: Du denkst über deine eigene Definition von “Erfolg” nach.

Traditionell wird der Erfolg einer Agentur über die Anzahl von Mitarbeitern oder den Umsatz definiert. Das ist vielleicht schön für dein Ego als Gründer, allerdings für echte Lebensziele zu kurz gedacht.

Mehr Mitarbeiter ist erstmal nicht gut. Zumindest laut den Thesen aus dem populären Buch “Rework” des Ruby on Rails “Erfinders” David Heinemeier Hansson und des Gründers von Basecamp Jason Fried. Hier wird als Grund aufgeführt, dass mehr Mitarbeiter erstmal mehr Arbeit für dich als Geschäftsführer erzeugen. Diese müssen also durch einen konkreten Mehrwert begründet sein.

Die reine Umsatzzahl ist auch nicht so relevant. Du kannst viel Umsatz machen und so gut wie keinen Gewinn. Oder auch viel Umsatz, dafür aber auch 80 Stunden die Woche arbeiten.

Ich plädiere dafür, dass du darüber nachdenkst, was du als Gründerin mit deiner Agentur persönlich erreichen möchtest. Wenn du zum Beispiel irgendwann verkaufen willst, ist zumindest eines deiner persönlichen Ziele finanziell getrieben.

Vielleicht ist es jedoch auch dein Ziel in den Chefetagen der Großkonzerne ein und auszugehen, eine bestimmte Technologie wie kein Zweiter zu beherrschen oder einen 4-Stunden Tag zu haben. Vielleicht auch alles auf einmal?

Egal was es ist, sobald du deine persönliche Zielsetzung verstehst, kannst du dem Wachstum deiner Agentur eine Struktur geben. Ab jetzt kannst du deine Agentur zu einem Vehikel zur Erreichung deiner persönlichen Ziele machen.

Mein persönliches Ziel war es auf ein Jahreseinkommen zu kommen, welches in den oberen 10% in meiner Region liegt und dafür jede Woche möglichst wenig Zeit investieren zu müssen. Mit dieser Zielsetzung im Hinterkopf haben wir Standorte ausgewählt, Mitarbeiter eingestellt und Prozesse geschaffen.

So hat es keine drei Jahre gedauert, bis wir unsere Ziele erreicht haben. Wie wir dies im Detail gemacht haben möchte ich in zukünftigen Artikeln und Videos genauer erklären. Vor allem hat dabei eine ganz bestimmte Art des Denkens geholfen.

Sie hat uns geholfen fokussiert an unseren Zielen zu arbeiten und eine Kultur aufzubauen, die ein hohes Maß an Motivation bei unseren Mitarbeitern hervorruft und die Auswahl der passenden Mitarbeiter im Recruiting und die Auswahl von Projekten im Vertrieb einfach macht.

Diese Art des Denkens möchte ich in diesem Artikel vorstellen.

Eliminiere das gedankliche Ablaufdatum deiner Agentur

Du oder ihr als Gründer seid die wichtigsten Personen in deiner Agentur. Deine Agentur existiert nicht nur im Hier und Jetzt, weil du sie aufgebaut hast, sondern wird auch morgen nur existieren, weil du dich entscheidest, dass es sie weiterhin geben soll. \ _Ich werde im Laufe des Artikels den Singular verwenden, die Aussagengelten jedoch auch für eine Gruppe von Gründern_

Wenn du nicht willst, dass deine Agentur ein Ablaufdatum hat, musst du dafür sorgen, dass du dich auch in Zukunft immer dafür entscheidest, dass es sie morgen noch geben soll. Wenn du bei dem Gedanken daran, dass du diesen Job noch dein ganzes Leben haben sollst, einen Knoten im Magen spürst, ist das ein sehr gutes Zeichen dafür, dass du weiterlesen solltest.

Das bedeutet nämlich, dass du dir nicht vorstellen kannst dein Leben lang deine Agentur zu führen, zumindest nicht auf die Art und Weise, wie du das gerade tust. Sicherlich wusstest du das schon und hast einen abstrakten Plan, wie du das irgendwann in ferner Zukunft adressieren willst.

Wie bei so vielen guten Vorsätzen wird die Umsetzung erst realistisch, wenn du einen konkreten Plan hast. Und die beste Zeit mit der Umsetzung seiner Vorsätze anzufangen ist altbekannt: jetzt.

Der Startpunkt für diese Entwicklung ist zum Glück sehr einfach und benötigt keinen €1.000-Tschakka-Kurs von irgendeinem Coach.

Mache deine Agentur zum Vehikel zur Erreichung deiner persönlichen Ziele

Alle Entscheidungen, die in deiner Agentur getroffen werden sollten sich an konkreten Unternehmensziele orientieren. Jede Entscheidung, die du aktuell ohne konkrete Definition der Ziele triffst, tragen im Zweifel nur zum “Beschäftigt Sein” bei. Deswegen ist es wichtig, Unternehmensziele zu definieren.

Doch auf welcher Basis solltest du die Ziele deiner Agentur definieren? Auf welcher Basis wird jedes Unternehmensziel weltweit definiert? Auf Basis der Ziele der Leute, die bestimmen, dass es das Unternehmen morgen noch gibt. Also die Eigentümer.

Da du der Eigentümer deiner Agentur bist, entscheidest du über ihre Ziele. Und weil du aktuell nicht nur Eigentümer, sondern auch wichtigster Mitarbeiter bist, solltest du dafür Sorgen, dass dir deine Arbeit einen Sinn bringt.

Sonst wird der Tag kommen, an dem du keine Lust mehr hast, aber nicht loslassen kannst, weil du eine Verantwortung gegenüber Mitarbeitern und Kunden hast.

Deswegen beginne damit, deine persönlichen Ziele in Bezug auf deine Agentur zu formulieren. Was deine persönlichen Ziele sind, musst du dir selbst beantworten. Ich kann dir da sehr das Buch “Big 5 for Live” empfehlen. Dies ist schnell zu lesen und hilft dabei ungemein.

Sobald du dein persönliches Ziel kennst, kannst du dies in Ziele für deine Agentur “übersetzen”. Visualisiere dich dafür einfach in der Situation, in der du dein persönliches Ziel erreicht hast.

Welche Rolle spielt dort deine Agentur? Wie sieht sie in dem Moment aus? Daraus kannst du dann Ziele ableiten, die wiederum richtungsweisend für deine Entscheidungen sind.

_Beispiel 1: _

_Deine Agentur ist bei der Erreichung deines persönlichen Ziels eigentlich nicht mehr Teil deines Lebens. Wenn du dich irgendwo sorgenlos durch die Welt tingeln siehst, total unabhängig und ungebunden an Termine, ist die Agentur schon in deiner Vergangenheit. Wahrscheinlich hast du sie verkauft oder sie läuft “von alleine”. _

_In dem Fall ist es auf jeden Fall ein Ziel eine Organisationsstruktur aufzubauen, die unabhängig von dir funktioniert. Dies wird direkten Einfluss auf deine Entscheidungen haben. Zum Beispiel willst du möglichst alle Aufgaben delegieren, die aktuell von dir gemacht werden (oder wenn delegieren nicht geht, sie vermeiden). _

Das bedeutet meistens, auf gewisse Projekte zu verzichten und talentiertere (teurere) Mitarbeiter einzustellen. Das sind schwierige Entscheidungen, die auch finanziell wehtun. Wenn du jedoch dein Ziel vor Augen hast, sind sie unvermeidbar und fühlen sich richtig an.

_Beispiel 2: _

Du bist eine der Experten für künstliche Intelligenz und siehst dich im Pressetermin für dein neues Buch und als gefragte Rednerin auf den renommiertesten Events stehen. Dann macht deine Agentur wahrscheinlich hauptsächlich Projekte, die ihnen erlauben die interessantesten Anwendungen für künstliche Intelligenz umzusetzen.

_Neben dem Ablehnen unpassender Projekte (und somit dem Verzicht auf kurzfristigen Umsatz) werdet ihr als Agentur wahrscheinlich viele Ressourcen in eigenen Research und passende Veröffentlichungen stecken, um euch in dem Bereich einen Ruf aufzubauen. _

_Auch das kostet wieder Geld. Einerseits nimmst du wahrscheinlich geringeren Anteil von abrechenbaren Stunden in Kauf, da ihr auch eigene “Forschung” betreibt. Andererseits wirst du mit sehr talentierten Leuten arbeiten wollen, die überdurchschnittlich gut verdienen. Doch auch diese Entscheidungen werden in dem Moment richtig sein, da sie auf dein persönliches Ziel einzahlen. _

Diese einfachen Beispiele illustrieren schon sehr gut, wie entscheidend die Zielsetzung für die Richtung deiner Agentur ist. Deswegen ist es wichtig, diese Zielsetzung zu priorisieren, auch und vor allem, wenn du denkst, dass du dafür gerade keine Zeit hast.

Behalte einfach im Hinterkopf, dass jeder Tag, an dem ihr euch als Agentur entwickelt, an dem kein Unternehmensziel existiert, was mit deinem persönlichen Ziel harmoniert, verschenkt ist und sich das Hamsterrad immer schneller dreht.

Binde wichtige Personen in die Definition der Ziele und Werte ein

Vielleicht hast du schon Mitarbeiter, die einen ähnlichen Anspruch an deine Agentur haben. Sie fühlen sich so mit ihr verbunden, dass auch sie das gedankliche Ablaufdatum für sich eliminieren wollen, auch wenn sie (noch) keine Miteigentümer sind.

Wenn du planst, langfristig weiter mit ihnen zu arbeiten, solltest du sie in den Prozess der Zieldefinition mit einbeziehen. Da du mit genau diesen Mitarbeitern wahrscheinlich schon lange über eure Ziele philosophierst, ist die Chance hoch, dass es eine große Schnittmenge eurer Definitionen gibt.

Falls dir der Verbleib dieser Personen langfristig gar nicht so wichtig ist, musst du das auch nicht machen. Dann bleiben sie entweder oder gehen irgendwann.

Ohne konkrete Unternehmensziele kann es keinen messbaren Fortschritt geben

Ich werde in einem weiteren Artikel nochmal genauer auf den Prozess eingehen, wie du auf Basis deiner persönlichen Ziele die konkreten Zielen deiner Agentur definierst. Wahrscheinlich bist du im Denken jedoch schneller als ich im Schreiben, deswegen hier nur ein kurzer allgemeiner Hinweis zur Definition von Unternehmenszielen.

Definiere die Unternehmensziele am besten SMART oder als OKRs. Wichtig ist, dass sie für andere nachvollziehbar sind. Du willst nämlich, dass deine Mitarbeiter die Ziele wirklich verstehen.

Stell dir vor, ihr seid eine Basketballmannschaft und du hast ein Teammitglied, das sich sagt: “Körbe werfen und Punkte erzielen finde ich doof. Ich würde lieber Liegestütze üben.”

Das klingt lächerlich, ist in vielen Unternehmen jedoch die Realität. Oft hat sich niemand die Mühe gemacht ein Ziel zu definieren bzw. es auch der gesamten Organisation nachvollziehbar darzulegen.

Im Basketball ist es einfach: mehr Punkte erzielen als der Gegner. Die Ziele eines Unternehmens sind nicht “vorgegeben”, du musst sie definieren.

Unternehmensziele mit den persönlichen Zielen der Mitarbeiter in Einklang bringen

Die Idee mit dem Vehikel für die Erreichung deiner persönlichen Ziele ist schön und gut, aber wie kannst du erwarten, dass deine Mitarbeiter die Erfüllungsgehilfen für das Erreichen deiner Ziele sind? Gar nicht, außer du baust vielleicht einen Personenkult um dich auf.

Du willst dafür sorgen, dass die Agentur auch für jeden Mitarbeiter ein Vehikel für das Erreichen seiner persönlichen Ziele ist. Oder es zumindest sein kann.

Im ersten Beispiel von oben bietet sich für deine Mitarbeiter die Möglichkeit Führung und Verantwortung zu übernehmen. Du willst dich früher oder später zurückziehen und wirst Leute benötigen, die das Ruder übernehmen. Das ist für viele Menschen ein tolles Ziel.

Im zweiten Beispiel können deine Mitarbeiter ihre Begeisterung für künstliche Intelligenz ausleben. Diese tollen Projekte und Veranstaltungen machst du wahrscheinlich nicht alle alleine, so habt ihr alle Spaß an der gemeinsamen Passion.

Einerseits ist es jedoch nicht trivial die persönlichen Ziele von all deinen Mitarbeitern nachzuvollziehen. Andererseits wird es wahrscheinlich auch nicht dein Anspruch sein, dass du deine Agentur ständig so veränderst, dass jeder Mitarbeiter zu jedem Zeitpunkt seine persönliche Erfüllung findet.

Schaffe Rollen, in denen deine Mitarbeiter ihren persönlichen Zielen nachgehen können

Ich werde in einem weiteren Artikel nochmal genauer auf den Prozess eingehen, wie du Rollen schaffst, die einerseits zur persönlichen Zielerreichung des Mitarbeiters und gleichzeitig zur Zielerreichung eurer Unternehmensziele dienen. Hier schonmal ein paar kurze Gedanken dazu.

Versuche für eine Sekunde weniger an deine Mitarbeiter zu denken, sondern an die Rollen, die sie für deine Agentur erfüllen. In der Regel machst du das schon automatisch. Bei der Ausschreibung einer Stelle definierst du zum Beispiel die Zielsetzung und Verantwortung einer Rolle, nicht die einer Person.

Dein Anspruch ist es dann eine Person zu finden, die ihre persönliche Zielsetzung (in Bezug auf ihren Job) in dieser Rolle nachgehen kann. Entsprechend ist die Frage nach der persönlichen Zielsetzung eine der wichtigsten Fragen in unseren Bewerbungsgesprächen bei Eshop Guide.

Bei bestehenden Mitarbeitern, für die es noch keine konkrete (aufgeschriebene) Rollendefinition gibt, kannst du ähnlich vorgehen. Hier wirst du den Mitarbeiter jedoch in die Definition der Rolle mit einbinden, so dass ihr gemeinsam sicherstellen könnt, dass sie zu seinen persönlichen Zielen passt.

Ein einfaches Beispiel ist die Schaffung der Rolle eines Marketing Managers. Wenn eure Strategie auf Inbound Marketing zielt, suchst du zum Beispiel jemanden, der seiner persönlichen Entwicklungsziele im Erstellen von Content (z.B. Schreiben) und Psychologie sieht.

Da Ziele jedoch auch irgendwann erreicht werden oder nicht jeder Mensch konkrete persönliche Ziele im Zusammenhang mit seinem Job hat, kommt die sogenannte “Kultur” ins Spiel. Sie sorgt dafür, dass auch eine emotionale Bindung zu deiner Agentur hergestellt wird.

Ziele sind pragmatisch, Kultur ist emotional

Ich habe mich beim Verfassen dieser Zeilen lange gefragt, warum wir uns bei Eshop Guide neben den Unternehmenszielen auch so sehr um die Unternehmenskultur gekümmert haben. Es hat sich einfach instinktiv richtig angefühlt.

Beim Stichwort Instinkt liegt auch die Antwort vergraben, warum Kultur so wichtig ist. Das Hinarbeiten auf die Ziele befriedigt unsere logische Seite. Der tatsächliche Grund für menschliches Handeln liegt jedoch meistens nicht in Logik, sondern in Emotion.

Wenn deine Mitarbeiter eine starke positive emotionale Bindung zur Agentur haben, hast du ein echtes Team. Du musst dir keine Gedanken darüber machen, ob jemand rumlümmelt oder gar bewusst destruktiv arbeitet. Die Frage ist jedoch, wie man diese emotionale Bindung aufbaut.

Ich bin ganz ehrlich: ich bin nicht der Typ, der total auf Small-Talk abfährt, nach Feierabend noch 1.000 Aktivitäten mit den Kollegen starten will oder gar gemeinsam in den Urlaub fahren würde. Das muss allerdings auch alles nicht sein.

Wir sind alle erwachsen und binden uns nicht nur emotional an etwas, weil es uns bespaßt. Nein, wir wollen uns mit etwas identifizieren. Unsere eigenen Werte in etwas wiederfinden. So bauen wir eine emotionale Bindung auf.

In einer einfachen Definition ist Kultur nicht anderes als ein Wertesystem. Wertesystem hört sich schon weniger abstrakt an. Ein Wertesystem kann man definieren und, noch wichtiger, leben. Das ergibt die Kultur eurer Organisation.

Eine sehr gute Illustration für Unternehmenswerte und wie stark diese sein können gibt das Buch “Let my people go surfing” vom Unternehmensgründer der Marke patagonia. Auch die Fortsetzung des Big 5 for Live Buchs “Das Café am anderen Ende der Welt” gibt jede Menge Inspiration.

Nachdem die Werte definiert sind, müssen sie auch gelebt werden, damit sich wirklich eine Kultur ergibt. Als GründerIn ist es besonders an dir diese Werte auch vorzuleben. Deswegen empfehle ich dir sehr hier kein Wunschdenken umzusetzen, dich auch wirklich mit diesen Werten identifizieren zu können.

Ich habe oben zwar gesagt, dass ich nicht der Typ bin, um super viel Energie in persönliche Bindungen mit meinen KollegInnen zu stecken, allerdings geht es auch nicht ganz ohne. Gemeinsame Erlebnisse, die Schaffung gemeinsamer Erinnerungen, erstellen und festigen Beziehungen ungemein.

Das ist ein weiterer wichtiger Aspekt der Identifikation: wir identifizieren uns nicht nur mit den Werten, die vorgegeben werden, sondern vor allem mit den KollegInnen, mit denen wir jeden Tag arbeiten. Wenn wir uns hier wie ein Außenseiter vorkommen wird es schwierig, lange glücklich zu bleiben.

Allerdings geht es auch nicht darum jeden glücklich zu machen. Mit dem Wertesystem wird sich vielleicht nicht jeder aktuelle Mitarbeiter identifizieren können. Das ist auch total normal und dann ist es gut, wenn man einfach offen miteinander darüber spricht.

Besonders mächtig ist das Wissen um seine Kultur beim Recruiting neuer Mitarbeiter. Nicht nur wirst du Leute einstellen, die sich mit der Agentur identifizieren können und somit direkt reinpassen. Nein, auch die Suche nach Mitarbeitern wird einfacher.

Ihr könnt eure Kultur direkt mit in Ausschreibungen und Bewerbungsgespräche mit reinnehmen. Plötzlich werdet ihr sehr viele Bewerber finden, die auch tatsächlich zu euch passen. Und wenn ein passender Bewerber mehrere Optionen hat, wird er euch wählen.

Du suchst keine Kunden, sondern Partner

Wie bei der Auswahl von Mitarbeitern (bzw. der Definition von Rollen), spielen die Ziele und Kultur deiner Agentur bei der Auswahl von Projekten die wichtigste Rolle. Ja, ich sage “Auswahl”, denn im Idealfall wählt ihr nur die Projekte, die euch bei der Erreichung eurer Ziele weiterbringen und zu eurer Kultur passen.

Natürlich ist es in der Realität oft so, dass Projekte “nur wegen des Geldes” angenommen werden. Das ist okay und manchmal vielleicht auch unvermeidbar. Habe nichtsdestotrotz Mut zur Lücke und versuche die Projekte zu wählen, die passen.

Von Anfang hilft es seine Kunden, als Partner zu sehen, die bei der Erreichung eurer Ziele helfen sollen. Es ist partnerschaftlich, weil ihr ihnen durch eure Dienstleistung natürlich auch bei der Erreichung ihrer Ziele helft. Ihr helft euch gegenseitig, seid also Partner.

Das hört sich erstmal logisch an, ist in der Praxis jedoch gar nicht so einfach. Neben der angesprochenen klitzekleinen Nebensache “Geld” musst du auch herausfinden, wie man passende Projekte und Kunden identifiziert.

Nochmal, mit passend ist gemeint: Projekte und Kunden, die auf die Erreichung der Ziele und des Lebens der Kultur deiner Agentur einzahlen. Es bedeutet also nicht, dass die Projekte gewählt werden, auf die man zufällig gerade Lust hat (außer das passt zufällig zu den Zielen oder der Kultur).

Im ersten Beispiel von oben (Agentur wird unabhängig von dir) sind zum Beispiel Projekte passend, die in Bezug auf die Ressourcen deiner Agentur wenig komplex sind. Also Projekte, bei denen möglichst wenig ungeplante Dinge auftreten können.

Im zweiten Beispiel (KI Agentur) sind alle Projekte passend, die nicht nur KI im Einsatz haben, sondern euch auch erlauben “cutting edge” zu arbeiten.

Der Funnel siebt die passenden Projekte aus

Jeder Kunde, der nicht bis ans Ende eures Verkaufsfunnels kommt, hat nicht gepasst. Euer Funnel sollte in jedem Schritt eure Ziele und Werte ganz klar widerspiegeln, sodass jeder Kunde sich selbst überlegen kann, ob er zu euch passt.

Beispiel:

_Bei Eshop Guide sind wir telefonisch nicht erreichbar. Wir haben zwar eine Telefonnummer, allerdings landest du nur beim (sehr freundlichen) Anrufbeantworter. Wir wissen, dass spontane Telefonate nicht zielführend für unsere Projekte sind. Entsprechend sind Kunden, die gerne spontan telefonieren, nicht passend für uns. _

Dadurch, dass wir schon im Verkaufsfunnel nicht telefonisch erreichbar sind, verlieren wir alle Kunden, die gerne spontan telefonieren. In den Projekten selber haben wir dann also kaum Diskussionen darüber, da nur noch die passenden Kunden übrig bleiben. Unsere Kunden mögen es ganz ordentlich und strukturiert sich einen Termin zu buchen und dann zur abgesprochenen Zeit zu sprechen.

Natürlich hört es sich utopisch an Kunden einfach “aussortieren” zu können. Wie soll man dann noch Geld verdienen?

Tatsächlich ist es jedoch so, dass du mit der Zeit gar nicht viel weniger Kunden bekommst. Durch die Anpassung der Marktansprache im Funnel beginnt ein Prozess und du landest mehr auf dem Radar passender Kunden.

In der Praxis wird man auch weiterhin, ob bewusst oder unbewusst, unpassende Projekte machen. Wegen des Geldes, des potenziellen Prestiges oder auch einfach, weil man es falsch eingeschätzt hat.

In dem Fall musst du aufpassen, dass dadurch eure Ziele und Kultur nicht zu sehr untergraben werden. Im Zweifel musst du das korrigieren, indem du den Kunden möglichst schnell loswirst.

Wenn ihr auf den Kunden wegen des Geldes angewiesen seid, gehe offen damit um. Deine Mitarbeiter verstehen, dass es wirtschaftliche Realitäten gibt, denen man sich stellen muss.

Sei dir jedoch der Opportunitätskosten bewusst, wenn ihr eure Ressourcen auf unpassende Projekte verwendet. Dieser “schlechte Umsatz” lässt das Hamsterrad sich nur noch schnell drehen. Verzichtet immer auf diese Projekte, wenn ihr könnt.

Ein spannender (und alternativloser) Weg aus dem Hamsterrad deiner Agentur

Davon bin ich wirklich überzeugt. Egal wie du es drehst oder wendest, wenn du nachhaltig etwas von deiner Agentur haben möchtest, ohne zwischendurch am Hamsterrad zu scheitern, musst du deine Agentur zum Vehikel zur Erreichung deiner persönlichen Ziele machen.

Mir ist bewusst, dass dieser Artikel noch jede Menge Fragen offen lässt. Vor allem wird hier wie im Intro angekündigt ein gedankliches, also theoretisches Konzept, vorgestellt. Wie sieht es jedoch mit der praktischen Umsetzbarkeit aus?

Einerseits gibt es jede Menge praktische Beispiele von Agentur-Gründern, die den Weg aus dem Hamsterrad herausgeschafft haben. Warum solltest du das nicht auch können? Andererseits hast du hoffentlich das Gefühl bekommen, dass keine der Gedanken hier auf Raketenwissenschaft hinauslaufen.

Vor allem benötigst du emotionale Intelligenz, um dich selbst zu verstehen und Empathie für deine Mitarbeiter zu haben. Da du schon eine erfolgreiche Agentur führst, musst du diese Intelligenz besitzen.

Wahrscheinlich wendest du sie aktuell jedoch vor allem gegenüber deinen Kunden an. Diese musst du jetzt stattdessen bzw. ergänzend nach innen anwenden.

Was ist deine Alternative? Du machst vielleicht Kunden glücklich (und seien wir ehrlich, selbst das funktioniert bei unpassenden Kunden eigentlich nicht), aber nicht dich und nicht deine Mitarbeiter - zumindest nicht langfristig.

Das heißt, du hast dieses Ablaufdatum für deine Agentur. Das ist so schade, denn eigentlich ist das Geschäftsmodell “Agentur” so geil. Es bietet Arbeitnehmern eine Alternative zu Konzernjobs, die zu langweilig sind und Startups-Jobs, die zu turbulent sind.

Darüber hinaus haben Agenturen keine Kapitalbindung. Sie können aus dem Nichts, ohne Startkapital und Investor, aufgebaut werden. Zudem ist eine Marge von 20% branchenüblich. Wo bekommst du ansonsten so eine Investitionsmöglichkeit?

Wie gesagt, dieser Artikel bleibt einiges schuldig. Bei Eshop Guide haben wir jede Menge Tools und Prozesse erarbeitet, die uns bei der Verfolgung des theoretisch aufgezeigten Weges helfen. Diese werde ich mit der Zeit aufbereiten und hier zur Verfügung stellen.

In der Zwischenzeit habe ich immer Lust über genau dieses Thema zu reden und meine Erfahrungen zu teilen. Wenn du dich einfach austauschen willst oder auch konkret daran arbeiten willst, kontaktier mich einfach per E-Mail oder LinkedIn.

Vielen Dank fürs Lesen, ich hoffe es motiviert dich das Hamsterrad zu bekämpfen ✌️

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Hier findest du gute Bewerber für deine Agentur: Quellen und Templates zum einfachen Nachmachen

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